Nach unserem Zwischenstopp in Görlitz ging es weiter nach Breslau (polnisch Wroclaw), der Hauptstadt der historischen Region Schlesien. Diese Stadt war unsere Station für die nächsten drei Nächte. Dank Google Maps und unserem hauseigenen Geographen war die Orientierung in den verkehrsreichen Straßen der Stadt gut möglich.
Die Unterkunft – gemütlich schlafwandeln in Breslau
Unsere Unterkunft in Breslau war das SleepWalker Botique Hotel. Durch seine Lage am westlichen Rand der Altstadt lassen sich alle wichtigen Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichen und auch ein kleiner Spaziergang in das jüdische Viertel Wlodkowica ist leicht möglich.
Der Name des Hotels – Sleepwalker – geht auf eine ca. 30 cm hohe Bronzefigur zurück, die sich direkt neben dem Hoteleingang befindet. Es handelt sich dabei um eine der inzwischen über 300 in Breslau verteilten Zwergenfiguren, in diesem Fall einen schlafwandelnden Zwerg. Aber dazu später mehr.
Die Einfahrt zum hoteleigenen Parkplatz im Innenhof war mit unserem Kleinbus (Link) aufregend, aber mit Tata’s (südtirolerisch für Papa) Parkerfahrung gut meisterbar. Das Hotel besitzt Zimmer und Apartments in verschiedenen Größen. Unseres befand sich im 5-einhalbsten Stockwerk (mit seeehr langsamen aber funktionierenden Aufzug). Die Wohnung war super: über zwei Stockwerke verteilt, verbunden mit Wendeltreppe war genug Platz für alle. Unten ein kleines Gäste-WC, eine vollständig ausgestattete Küche mit großem Esstisch und eine weiße Schlafcouch (warum auch immer in einer hundefreundlichen Wohnung); oben zwei Schlafzimmer mit Dachfenstern sowie ein Ankleidezimmer (oder Abstellraum?) und ein wunderbares, riesengroßes, supermodernes Bad – alles klimatisiert. Die einzigen klitzekleinen Abzüge gibt es für den etwas fauligen Geruch sowie dem Straßenlärm von draußen. Sonst wirklich alles sauber und modern. Top!
Der Preis bezog sich für 3 Nächte auf 444€ + 27€ für den Parkplatz. Für rund 12€ pro Person hätte man sich am Frühstücksbuffet im EG bedienen können. Wir entschieden uns jedoch für aufregendes Einkaufen im polnischen Supermarkt um die Ecke und Selbstversorgung. Schließlich haben wir ja eine Küche. Dank unserem Hund Sam ist auch immer jemand früh unterwegs und kauft frische Brötchen – ein aufregendes Unterfangen ohne jegliche Kenntnisse der polnischen Sprache.
Die Altstadt von Breslau
Unser erstes Ziel in Breslau war natürlich die Altstadt, die sich rund um einen ringförmigen mittelalterlichen Marktplatz erstreckt (Ring – Rynek). Hier findet man alles was das Touristenherz begehrt: Alte Häuser, zahlreiche Restaurants, viele Fotospots. Leider konnte niemand voraussehen, dass es gleich nach unserer Ankunft aus Eimern zu regnen beginnen sollte, was unsere Erkundung der Stadt gleich etwas einbremste. Nun standen wir vor der Wahl – wohin zum Essen?
Wir entschieden uns – ohne größeren Grund – für die Bierhalle am östlichen Rand des Rynek. Leider ist dieses Restaurant nicht zu empfehlen – wohl ein Touristenlokal. Viele der Speisen auf der Karte waren nicht verfügbar und unsere Bestellung ließ dann sehr lange auf sich warten. Erst nach mehrmaligem Nachfragen kam dann endlich das Essen und war dann leider auch nur … ok. Naja… essenstechnisch war also noch viel Luft nach oben.
Nach einer entspannten Nacht und einem ausgedehnten Frühstück stand am nächsten Tag der Stadttour nichts mehr im Wege. Also wieder auf zum Rynek.
Der Rynek ist das Herz der Stadt – ein ringförmiger Marktplatz umgeben von prachtvollen gotischen und barock überformten Altstadthäusern. Im Zentrum des Platzes befindet sich eine Ansammlung von prachtvollen Häusern, bestehend aus den Tuchhallen, dem alten und neuen Rathaus sowie vielen beeindruckenden Bürgerhäusern. Zahlreiche Künstler und Musiker machen hier auf sich aufmerksam. Auf dem Weg zu dem sehr schönen, historischen Platz kommen wir bei der Elisabethkirche vorbei, die über einen 90m hohen Turm verfügt. Drei von uns steigen die enge Wendeltreppe hinauf (Öffnungszeiten 10.00-19.00 Uhr, Eintritt: 5zł (ca. 1€). Von oben ergibt sich ein beeindruckender Rundumblick, der für die Strapazen des Aufstiegs entschädigt.
Wieder unten, erkunden wir die restlichen Sehenswürdigkeiten am Marktplatz und lesen in unseren Reiseführern (Reiseführer Breslau des Trescher Verlags, Dumont Reiseführer) über die bewegte Geschichte der Stadt. Schnell fallen uns die überall in zahlreichen lustigen Posen herumsitzenden, liegenden oder stehenden kleinen Zwerge auf. Diese gehen auf die Oppositionsbewegung „Orange Alternative“ der 1980er Jahre zurück, die als Protest gegen das kommunistische Regime mit Demonstrationen im Zwergenkostüm Aufsehen erregten. Die mehr als 300 Zwerge sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt und ihre Zahl scheint ständig zuzunehmen.
Stadtrundfahrt mit dem Elektroautole
Für unsere Stadtrundfahrt durch Breslau informieren wir uns in der Touristeninformation am Ring. Diese ist sehr empfehlenswert, um kompetente und nette Auskunft, Karten oder Souvenirs zu erhalten. Ursprünglich hatten wir eine Bootsfahrt auf der Oder geplant, was sich jedoch mit Hund als eher schwierig herausstellte, da angeblich auf den Booten nur kleine Hunde erlaubt seien. Nun waren wir uns zwar nicht sicher ob unser Hund nun klein oder groß ist, aber besser kein Risiko eingehen. Ein neuer Plan musste her.
Wir entschieden uns für eine Tour mit dem Elektromobil, eine Art großes Golfauto, mit Platz für bis zu sechs Personen. Also perfekt für uns. Am Platz gibt es zahlreiche Anbieter, die eine solche Tour an Touristen vermitteln und auch aktiv um ihre Kunden werben. Es reicht den sympathischsten Anbieter zu wählen und Interesse zu bekunden. Anschließend wird gemeinsam eine geeignete Route ausgesucht, der Preis (65€) festgelegt und keine zehn Minuten später geht’s los. Unser Auto hatte eine Lizenznummer und das Ganze schien seriös zu sein. Auch bei Regen ist das Angebot eine Option, da diese Elektromobile über ein Dach verfügen und sich bei Bedarf seitlich auch Plastikplanen installieren lassen. So lässt sich trockenen Fußes und bequem die Stadt erkunden.
Unser junger Tour Guide fährt uns gekonnt mit dem kleinen Ding durch den Breslauer Verkehr zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Zugegeben, die hintersten zwei Plätze sind eher aufregend, da man sich bei starkem Beschleunigen besser gut festhalten sollte, um nicht auf der Straße zu landen. Für unsere müden Füße ist es aber eine Wohltat herumkutschiert zu werden. Immer mal wieder ertönt eine gelangweilte Stimme vom Tonband, die einem über die aktuell sichtbare Sehenswürdigkeit etwas erzählt. Immerhin ist es in deutscher Sprache und teilweise ganz interessant. Auch der Guide versucht in relativ gutem Englisch sein Wissen mit uns (vor allem aber mit der hübschen Schwester) zu teilen.
Auf unserer Tour kommen wir am Salzmarkt/Blumenmarkt, der St. Elisabethkirche, den Fleischbänken, der Breslauer Universität, der Dominsel mit der St. Johanneskathedrale, der beeindruckenden Jahrhunderthalle, den Japanischen Gärten sowie zahlreichen tollen Gebäuden, Brücken und Alltagsszenen vorbei. Zwischendurch haben wir immer wieder die Möglichkeit unser Gefährt kurz zu verlassen und uns für 10 Minuten umzusehen. Nach ca. 1 Stunde 20 Minuten werden wir wieder am Rynek abgesetzt.
Die Jahrhunderthalle
Beeindruckt waren wir vor allem von der Jahrhunderthalle, eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Breslau und Wahrzeichen der Stadt. Nach dem Vorbild des Pantheons in Rom wurde die Kuppel 1913 erbaut, im Krieg zum Glück kaum beschädigt und seit 2006 ist sie UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Halle liegt in einem weitläufigen, parkähnlichen Gelände, dass zu Fuß erkundet werden kann. Neben zahlreicher Skulpturen und Kunstwerken gibt es hier eine große Wasserfläche, die zum Verweilen einlädt. Es handelt sich dabei um die Wroclaw Fountain, eine spektakuläre und mit Musik begleitete Licht-Wassershow, die zwischen 10.00 und 21.00 Uhr zu jeder vollen Stunde kostenlos bewundert werden kann. Es lohnt sich!
Piroggen
Nun schlendern wir zwar schon wieder in Richtung Hotel – jedoch schauen wir uns nochmal die großen Fleischbänke (poln. Stare Jatki) mit den Tierstatuen aus Kupfer und den spannenden kleinen Kunstläden und Ateliers an.
Am östlichen Ende der kleinen Straße finden wir dann auch das kleine Restraurant Chatka przy Jatkach. Hier können wir nun endlich das traditionelle Gericht „Piroggen“ (gefüllte Teigtaschen) in verschiedenen Ausführungen probieren. Auch die restlichen Gerichte waren sehr lecker und die Bedienung sehr freundlich (Preis insgesamt 27€).
Das jüdische Viertel
Nach einer kurzen Verschnaufpause im Hotel entscheiden wir uns als Abendprogramm noch für einen kleinen Spaziergang. Vom Hotel aus bietet es sich an über den Tadek Jasinski Boulevard entlang des ehemaligen Breslauer Stadtgrabens in das angrenzende jüdische Viertel (ulica Wlodowica) zu spazieren.
Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Breslau die drittgrößte jüdische Gemeinde im Deutschen Reich. Die Stadt galt seit jeher als offen und tolerant, als Ort in dem Menschen verschiedenster Herkunft, Kulturen und Nationen friedlich zusammenleben konnten. Mit der Machtergreifung der Nazis und den Novemberprogromen von 1938 änderte sich dies schlagartig. Jüdische Einrichtungen im ganzen Land wurden niedergebrannt und Juden zunehmend verfolgt. Das damals pulsierende jüdische Leben kann heute noch in der Synagoge zum weißen Storch nachempfunden werden. Die Nazis hatten dieses Gotteshaus damals nur verschont, da es zu eng von anderen Gebäuden umringt ist und so ein Überspringen des Brandes befürchtet wurde.
Ein Spaziergang durch das jüdische Viertel lohnt sich jedoch auch, da hier zahlreiche Restaurants, Cafés und Bars in kleinen Innenhöfen darauf warten entdeckt zu werden. Die meisten Lokale sind gut besucht, hauptsächlich von jungen, modernen Einheimischen – so unser Eindruck. Wir entscheiden uns für das israelische Restaurant Sarah, direkt im Hof der Synagoge, und bestellen zwei Vorspeisenplatten zum Teilen – die Piroggen waren ja noch gar nicht so lange her. Die Vorspeisenplatten mit Falafel, Humus, Oliven, getrockneten Tomaten, viel Koriander und anderen israelischen Spezialitäten waren überaus lecker.
Auch Wein und Bier waren vorzüglich, sodass wir schon bald satt und zufrieden in Richtung Hotel spazierten und nach ein paar Runden Scala Quaranta (eine italienische Art von Rommé) ins Bett fielen. Am nächsten Tag sollte es zum eigentlichen Ziel unserer Reise gehen, nach Reichenbach (poln. Dzierżoniów) im Eulengebirge, dem Geburtsort unserer Oma Klara.
…weiterlesen: Reichenbach (coming soon)
28. Juni 2022 um 9:06 Uhr
wunderschòne Erinnerungen!!!